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LEMUR

Der Godfather des Galgenhumors auf fröhlicher Sterbetour

Lemur, der Wahlberliner Rapper und Produzent, hat keinen Bock mehr aufs Menschsein. Mutiert zum Feuchtnasenaffen redet er Klartext: Die Tiere haben Beef mit uns. Der Planet übrigens auch. Aber egal. Lasst uns feiern, bis es zu Ende geht, denn stigge-di-sterben tun wir sowieso alle irgendwann.

Vielleicht ja schon morgen, denn bei Lemur hat der Tod Logen-Plätze.

„Der Godfather des Galgenhumors;
wenn er besoffen ist, nimmt er auch mal den Falschen mit fort.
Sagt am nächsten Morgen, tut ihm leid, sein Film ist gerissen.
Wie oft ihm das passiert, verdammt, ich glaub, das willst du nicht wissen.“
(„Sterben“)

Lemurs neues Album „Die Rache der Tiere“ ist ein einziger Abgesang auf den Zustand unserer Gesellschaft.
Seine menschliche Schlachteplatte startet ganz weit oben, in der Freiheit des Weltalls. Dann schmiert sie songweise ab, dringt tief ein in den Gemischtwarenladen des Lebens, um sich am Ende doch noch einmal in die Lüfte zu schwingen. Denn auch das ist Lemur: hypersensibel bis bipolar schwankt er von einer glücklichen Phase in einen depressiven, misanthropischen Zustand und wieder zurück. „Auf dieser Platte ist das Gefühl des Aufbruchs in sehr vielen Songs ein Thema. Die Erkenntnis, nach allem Abgründigen, das ich erlebt habe, immer noch am Leben und ziemlich gesund zu sein, und außerdem das machen zu können, was ich liebe, hat viele Zweifel und Ängste besiegt.“

Ein Lemur muss tun, was ein Lemur tun muss. Und diese Lieder, sie müssen eben raus aus ihm. „Ich bin sehr getrieben. Schreiben und produzieren ist bei mir genauso lebenswichtig wie Essen, Schlafen und Stuhlgang, wobei der Schlaf oft hinter das Musizieren zurücktreten muss.“ Er baut die besten Beats wenn’s ihm scheiße geht, rappt er in „Batterie“, und so bringen auch seine schlechtesten Gemütsphasen noch Positives hervor.
Die Energie richtet er gegen alles, was ihn kaputtmacht – religiöse Konflikte, soziale Gleichschaltung, Online-Zeitverschwendung, der Kater am Montagmorgen. Doch am Ende geht die Sonne auf, auch wenn er sie gar nicht gleich erkennt, zu lange hat er sie schon nicht mehr gesehen.

Das Ergebnis: 100% Lemur. Eine musikalische Melange zwischen Boom Bap und Elektronik, wie gewohnt handgemacht, im Vergleich zum Vorgängeralbum „Geräusche“ jedoch eingängiger, ohne an Abstraktionsmustern zu verlieren. Er flowt wie der Amazonas, kombiniert komplexe Textpatterns mit Melodie-Elementen und fesselt all seine Rapskills auf den selbstgebauten, adipös-wummernden Beats. Noch nie hat Sterben so viel Spaß gemacht. Der Philosoph und wandelnde Wortwitz Marten McFly ist wieder mit dabei, die Rapperin Nazz, der MC FairS – alles Leute, die Lemurs gesellschaftlichen Reimegarten mit ihren Ideen bestens gedüngt haben.

Die vergangenen zwei Jahre waren für Lemur ein künstlerischer Befreiungsschlag, der in „Die Rache der Tiere“ nun seinen Ausdruck findet. Im kuscheligen Label-Zuhause der Käptn Peng-Familie zu einem glücklicheren Mensch geworden findet der Künstler heute den Nährboden für seine musikalischen Visionen, die sich zunehmend von Genregrenzen befreien.
„Heute ist es ziemlich egal, vor was für ein Publikum man mich stellt: Ich werde es rocken.“

Anekdote zu „Die Rache der Tiere“:

„Da ich ja, auch nach bald drei Jahren Lemur, immer noch ständig gefragt werde, wieso ich Lemur und nicht mehr Herr von Grau heiße, habe ich gedacht, ich muss die Geschichte, wie ich mich in einen Feuchtnasenaffen verwandelte, in einem Song erzählen. Die Aufnahmen dazu fanden in der heißesten Phase des letzten Sommers statt, mit Temperaturen jenseits der 30 Grad-Marke in meinem nicht klimatisierten Mini-Home-Studio, zu einer Zeit, in der ich tagelang nicht schlief. Einmal bin ich in der Gesangskabine umgekippt. Als ich wieder zu mir kam, merkte ich, dass auf dem Boden das Wasser stand, das mein Schweiß war, und ich lag mit der Nase mittendrin.“


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